Auftritt am 05.01.2019 in der Elbphilharmonie Hamburg
Archiv des Autors: Fatima
Pop macht Feminismus einfach. Aber Feminismus ist nicht einfach.
Link zu Text und Audio in der Republik
Dass sich der Kampf für die Gleichstellung der Geschlechter heute auch auf Instagram gut macht, ist zwar nett. Aber wenn wir unsere Dehnungsstreifen akzeptiert haben, geht die Arbeit erst richtig los. Ein Essay zum Frauenstreiktag.
Schau in den Spiegel, und sei eine Königin!
Entdecke deine Yoni, kenne deine Klitoris, finde sie schön und masturbiere!
Slay! Sei Businessfrau, sei flawless, sei sexy, sei organisiert, trink genug Wasser, trag keinen BH, oder nur, wenn du Bock hast!
Self-care! Self-love! Rede über Sex, hab viel Sex, hab guten Sex, sag, was du brauchst, liebe deinen Körper, feiere deine Menstruation und kenne deinen Zyklus! Sei eine starke Frau, mach Sport und lerne, dich selbst zu verteidigen! Gib Liebe, erziehe deine Kinder feministisch, erziehe deinen Mann feministisch, liebe deinen Körper! Mach Yoga, kenne Rezepte, die schnell gehen, damit du mehr Zeit hast für self-care! Poste Bilder von deinem gesunden und schönen Essen, von deinen Achselhaaren oder deinem Dildo, benutze den Hashtag #Powerfrau, sei eine Powerfrau!
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Bäh, Wohlfühlfeminismus.

Nicht, dass man mich jetzt falsch versteht: Ich finde es wichtig, dass Feminismus dazu führt, dass Menschen sich wohlfühlen. Ich will, dass Frauen* in den Spiegel schauen und schön finden können, was sie sehen. Dass sie selbstbewusst sein können und dafür nicht zuerst Jahre von internalisiertem Selbsthass überwinden müssen. Dass sie wie 16-jährige junge Männer im Tram Klimmzüge an den Haltestangen machen und selbstverständlich ihren Bizeps abfeiern können. Dass die Entscheidung, welche Haare sie sich zupfen oder nicht zupfen, rasieren oder wachsen lassen, allein ihren Vorstellungen entsprechen darf – und im Übrigen auch ihrer Bereitschaft, Zeit dafür aufzuwenden. Dass sich Frauen* nicht für ihren Körper entschuldigen müssen. Dass sie vergessen können, dass sie eine Frau*sind, wenn sie einen Raum betreten. Dass sie Zugang zu den Räumen haben, in denen Entscheidungen getroffen werden und in denen Cash gemacht wird.
Ich will, dass diese Welt bequemer wird für Menschen, die sich als Frauen identifizieren.
Aber Feminismus selbst, der Kampf für die Gleichberechtigung der Geschlechter, ist per Definition nicht bequem. Er fühlt sich nicht wohlig an. Dazu gibt es noch viel zu viel zu tun. Denn wer A sagt, muss auch B sagen. Wer A sagt, muss auch -rschloch sagen. Wer «Ah» sagt, «ich bin übrigens Hobbyfeministin», muss auch prekärere Probleme als die Nippelzensur auf Instagram anprangern.
Alles andere ist kein Feminismus, kein Kampf für Gleichberechtigung der Geschlechter, sondern im besten Fall Selbstoptimierung und ein tolles Instagram-Profil, im schlechtesten Fall die Beihilfe zur Unterdrückung anderer Frauen*.
Klingt das anstrengend? Das ist es.
Klar, es ist schön, dass Feminismus in der Popkultur angekommen ist: Feminismus hat heute einen Soundtrack. So muss man sich beispielsweise nicht mehr zu misogynen Liedern für den Ausgang parat machen. Zwar wird man im Ausgang immer noch angestarrt und begrapscht, aber dafür hat man inzwischen eine Auswahl an feministischen Songtexten. Feminismus hat eigene Beautyprodukte und Brands, frau kann ihren Komplexen mit einem frechen, empowernden Werbeslogan im Kopf frönen. Feminismus hat T-Shirt-Aufschriften und eine Menge Hashtags. Feminismus ist eine Welle geworden, die alles überschwemmt, sodass man auch am hinterletzten Stammtisch irgendetwas davon mitbekommt.
Das ist positiv, bis zu dem Punkt, an dem die Welle den Aggregatzustand wechselt – und substanzlos wird.
Es ist auch der Punkt, an dem ich anfange, mich über den Pop-Feminismus zu ärgern. Denn es gibt ein Problem, wenn nur der Pop – oder nennen wir ihn unverblümt: der Kapitalismus – weiter vordringt. Wenn nur der Pop Leute informiert und bestärkt und sie die komplizierten Argumente über unsere Sozialisierung nicht mehr hören wollen. Denn letztlich macht Pop Feminismus einfach. Aber Feminismus ist nicht einfach.
Ich schreibe das als schwarze Frau. Die, wenn sie sich in einen Raum mit anderen selbst bezeichneten Feministinnen* begibt, unter Umständen Kompromisse machen muss: das ständige In-die-Haare-Greifen, das Exotisieren, die unangenehmen Gespräche über Afrika … Muss ich die vielen kleinen Übergriffe übersehen, damit ich mich in Frauengruppen darüber freuen kann, eine Vagina zu haben, und um mir anhören zu können, wie toll und wichtig es ist, zu masturbieren?
Ich schreibe als muslimische Frau, die deswegen häufig auf dem Prüfstand steht. Geprüft von Leuten, die glauben, es müsse doch unemanzipierte Tendenzen in mir geben, die dem Islam zuzuschreiben seien. Von Leuten, die sich über mich stellen oder über das, was ich für sie repräsentiere. Und das alles, ohne zum Beispiel zu hinterfragen, welche Bedeutung und Auswirkung es hat, dass das Stimmrecht für Frauen in der Schweiz erst so spät eingeführt wurde.
Ich schreibe als Frau, die ein gewisses Misstrauen gegenüber heteronormativen Vorstellungen von Gender, Beziehungen und Sexualität hat und genau weiss, in welchen Räumen man das nicht kundtun darf.
Ich schreibe als Frau, die sich überlegt, ob sie Lust hat auf den Frauenstreik.
Ganz persönlich. Und das nicht etwa, weil ich nicht dahinterstehe. Nicht, weil ich spalten möchte. Eher, weil ich Angst vor der Euphorie des Etappensiegs habe. Und weil ich nicht weiss, ob es einen Etappensieg gibt, wenn ich von zig Menschen in meinem Umfeld weiss, die nicht von Anfang an im Frauenstreik mitgedacht wurden.
Die nicht als wichtige Stimme mitgedacht wurden, wo doch Feminismus Stimmen verleihen soll. Nicht mitgedacht von Menschen, die glauben, es mache keinen Unterschied, wer auf der Bühne des Streiks Raum bekommt.
Doch es macht einen Unterschied.
Denn die einen kämpfen gegen den gender pay gap und die anderen ums pure Überleben. Beide Realitäten existieren in der Schweiz, das zeigen genug Statistiken. Und beide sind nicht frei ohne die Freiheit der jeweils anderen.
Das sage übrigens nicht ich, sondern die schwarze, lesbische US-amerikanische Feministin und Schriftstellerin Audre Lorde, die mit ihren Texten wahrscheinlich viele Leben gerettet hat:
«I am not free while any woman is unfree, even when her shackles are very different from my own.»
«Ich bin nicht frei, während irgendeine andere Frau unfrei ist, auch wenn ihre Fesseln ganz anders sind als meine.»
Ich schreibe als Frau, die aufgrund ihrer Biografie immer gezwungen war, Feminismus grösser zu denken als den Kampf für die Akzeptanz ihrer Dehnungsstreifen.
Ich schreibe das aber auch als Frau, die in weissen, bürgerlichen Cis-hetero-Räumen funktioniert und überlebt. Und die sogar gelegentlich, wie mit diesem Text hier, die Möglichkeit bekommt, zu meckern. Und die auch im Rahmen des Frauenstreiks Gelegenheit bekommt, sich einzubringen. Aber anderen Frauen bleibt das verwehrt.
Was ich damit sagen möchte: Wir sind längst nicht dort angekommen, wo wir sein sollten. Was kommt nach der Euphorie der Privilegierten unter den Unprivilegierten?
Feminismus ist Arbeit. Und die hört nicht auf, sobald Leute im eigenen Umfeld Achselhaare und unrasierte Beine akzeptieren. Sprich: Feminismus hört nicht auf, sobald man sich selbst wohlfühlt.
Feminismus ist nicht homophob, transfeindlich oder rassistisch.
Feminismus ist nicht klassistisch und beutet keine anderen Frauen* aus.
Feminismus ist barrierefrei.
Feminismus ist intersektional, kümmert sich also um eine Vielfalt an Frauen*. Und ist damit verdammt anstrengend. Deshalb werde ich mich am Frauenstreiktag wohl ausruhen und weiter vorbereiten und mich dabei freuen, dass so viele Frauen* mobilisiert werden konnten, auf die Strasse zu gehen. Mein Respekt an alle, die dazu beigetragen haben.
Deshalb sage ich: Happy Frauenstreik!
Feiert heute! Aber fragt euch, wer nicht mitfeiern kann und warum. Und seht zu, dass ihr morgen fit seid: wenn es wieder darum geht, sich zu informieren, zu diskutieren, zu kämpfen und einen Alltag zu gestalten, der Platz macht für alle. Denn die Revolution ist kein einmaliges Ereignis, wie Audre Lorde schon wusste: «The revolution is not a one-time event.»
HAUTFARBEN
Text zum Hören (SRF Hörpunkt Sendung)

Wie ist deine Haut?
Weiss.
Weiss?
Wie frischer Schnee, reines Koks, pasteurisierte Milch?
Vielleicht ein wenig dunkler.
So wie… Vergilbtes oder schlecht Gebleichtes?
Äh..Joah…
Also Grau? Wie ein altes Iphonekabel, die feinen Linien eines karierten Blatts, angeschmürzeltes Wachs? Oder mehr…
Kaffeerahm?
Weniger glatt von der Textur her.
Hm. Wie Bildrauschen, Waschpulver, Kiesboden, Blumenkohl?
Ja. Vielleicht ist das schon zu grob.
Eher feinster Sandstrand, Gischt, Milchglasfenster, Ökopapier?
Sie hat auch etwas Rötliches.
Rötlich? So wie Mumps? Masern? Röteln?
Sportplatz, Backstein, Glut?
Nein. Bräunlicher.
Bräunlich-Weiss? Du meinst Beige.
Kork, ein Seil, eine Kordel?
Ja auch. Aber du vergisst das rötliche!
Süsskartoffel. Laub. Tontopf. Klostopfer, Schmirgelpapier
Hmm. Auch nicht. Ich glaube, es sind verschiedene Farben gleichzeitig!
Wie Pickel? Rot, gelb, weiss – Kruste?
Nein, nein, kein Gelb!! Mehr Rosa!
Dann meinst du wohl ein Schwein. Ein Nagelbett. Oder rohes Hähnchen.
Hmm. Mit dem Hähnchen können wir arbeiten. Kennst du das, wenn ein gegrilltes Hähnchen noch nicht durch ist? Das sind die Farben: Die hellbraune Haut, das weisse Fleisch, das Rosa am Knochen.
Du meinst, wenn ich die Farbpalette für ein halbrohes
Hähnchen hätte, könnte ich dich farbgetreu malen?
Hmm.. Ich denke schon.
Hast du dich jemals gefragt, welche Hautfarbe du hast?
Im Schwümbi,
beim Bäcker,
am Erstitag,
Hast du dich jemals gefragt, welche Hautfarbe du hast?
Beim Fragen nach dem Weg in einer fremden Stadt?
Beim Jobinterview,
bei einer Polizeikontrolle?
„Nein, aber…“, sagst du
und erzählst mir
vom Strand, vom Sommer, vom Urlaub, vom Solarium
– da denkst du manchmal an die Farbe deiner Haut.
Glattes, blondes Haar, oder braun, vielleicht schwarz.
Auch in den Augen hast du Farbe
und wenn sie trieft, wohl um die Nase
ein bisschen rot an den Wangen
und wenn Sonne, dann fangen
sie brennende Flammen,
bald fallen die Schuppen von der Haut.
Autsch.
Sonnenbrand muss schmerzhaft sein,
doch ich mag die Muster, die er malt,
krebsrot, geträumtes Braun,
versengte Haut säumt die Brauen
und den Haaransatz
das lässt mich an nen Pfirsich denken..
Und die Sonne scheint so anmutig durch deine hellen, fast durchsichtigen Ohren! Wie bei Kirchenfenstern
Aber
hat deine Haut jemals gesagt:
“Ich vertick Gras!”
oder: “ich sprech klick Sprache,
putze WCs oder die Strasse”?
Hat deine Haut jemals gesagt:
“Meine Eltern haben geheiratet der Papiere wegen.”
Oder: “Ich laufe herum, das kontrolliert man eben”?
Hat man deiner Haut jemals “Stopp” gesagt vor dem Zoll?
Hat man deiner Haut jemals erzählt: “Das Boot ist voll!”?
Hat sie jemals gesagt:
“Ich hab’ Swag, kann tanzen und auch Lieder singen!“,
spielt sie auch eine Rolle, als wär’ sie eine Schauspielerin?
Nein. Mein Hautton ist stumm.
Also du meinst, man hört oder sieht deine Haut nicht?
Nur wenn die Sonne sie verbrennt?
Das ist wie Geheimschrift mit Zitronensaft auf Papier.
Sie ist also durchsichtig. Oder du bist blind.
Hat deine Haut Amerika entdeckt
und schminkt sich an Fasnacht als Indianer?
Denkt deine Haut,
isst du dein Z’nacht nicht fertig,
an arme Afrikaner?
Hat deine Haut Angst vor
Trump, Breitbart, Blocher, Köppel, den Rechten?
Nein?
Dann hast du die Weissheit wohl mit Löffeln gefressen.
Oder sagen wir, sie wurde dir in die Wiege gelegt
Ich hoff’, fühlst dich nicht von mir
an der Borke deiner Birke gesägt
Ich wollt’ nur, dass dus weisst,
Deine Haut ist dir Privileg
Du fragst mich: “Und wie ist deine?”
Ich reiche dir die Hand,
das Stückchen Weissheit, das ich auch habe.
Und sag dir: “Meine, die ist hautfarben”
Back to your roots
Text zur Veranstaltung in der Volksbühne am 28.02 “130 Jahre Berlinisierung eines Kontinents”
Die Eingeborenen sind Menschen wie wir, sie haben dieselben Empfindungen wie Regungen, aber um im Bilde des Biologen zu bleiben, die Farbigen sind Zottelponies, nette Tierchen und gut zu grober Arbeit, wir aber sind das duch lange Zucht hochentwickelte Pferd edelster Rasse”
(Dr.Graf v. Pfeil, Deutsche Kolonialzeitung 1908)
Afrika!
Das Land der Rythmen und Tänze.
Des heissen Bluts.
Des Trockenen Klimas.
Das Land der Farben.
Das Land der Löwen.
Das Land der grossen Penisse.
Die Giraffe.Der Elefant. Der Affenbrotbaum.
Unendlicher Reichtum! Rohstoffe. Ein Land zerrüttet von Clankriegen!
Hunger. Ebola. Aids.
Zum Glück gibt es Volunteers die sich aufopfernd auf den schwarzen Kontinent wagen. wagen um zu helfen.
OOOOH ein Lobgesang auf Helfer.
Ein Gospellobgesang! Auf das Helfersyndrom!
Denn ohne. Wäre Afrika. Nicht Afrika.
Oh Deutschland. was hast du mir über Afrika erzählt…
Dass man in Afrika arm ist.
Dass man „Afrika“ mit einem langen aaa aussprechen muss.
Denn das ist exotisch.
Und Aaafrika ist exotisch.
Dass da Neger wohnen.
Und Neger hiesse nichts anderes als schwarz.
Und schwarz ist auch ein bisschen primitiv.
Aber wir, wir helfen denen.
Denn die sind primitiv.
Und die brauchen das.
Denn die sind primitiv.
Denn die sind primitiv,
Bleibt ein ewiges Mantra,
Die leben in Hütten da drüben!
Die leben den Rhythmus da drüben!
Und im Kongo spielt man Bongo,
Man trägt nen Bast-rock und
das Wetter ist krass trocken,
alle machen Vodoo
die Stämme heissen Zulu
„Hallo“ das heisst „Jambo“- gibt es da Bambus?
Nein, das war Asien,
Afrika? Ist Safari,
ist Massa-i,
Afrika ist Klankrieg,
ist Chaos, ist wild.
Ein bunt-trauriges Bild
Kein Futter, Kein Wasser,
aber Hakunamatata
Einmal frug mich ein dicker älterer Mann mit Schnauzbart, wo ich denn herkäme. Er hörte gar nicht hin und erzählte mir dann, er sei auch mal auf dem Kilimanjaro gewesen. Er ging davon aus, ich käme aus Afrika. und der Kilimanjaro ist ja auch in Afrika. Dann erzählte er mir von dem einen Moment, an dem er sich gefühlt hatte, wie ich. In der Bronx. Er kannte da einen Schwarzen. [spricht in Dialekt:] „De Dschohnn. Oliever Gott, des war en Schrank von nem Mann. Und alles Schwazze um mich herum, a bissl Angscht hab ich scho ghabt, zum Glück war de Dschohnn be mir, de war n Kopf grösser als die andere Schwazze. Zum Glück war ich mit dem Dschohnn befreundet, de hat misch vo de andere Schwazze beschützt.” Und dann erzählte er mir, dass er auch eine Freundin gehabt habe als er auf Safari in Kenia gewesen sei. Bildhübsch sei sie gewesen, wie ich. Eine richtige Massaibraut, wie ich. Und Brüste wie Kokosnüsse. “Isch hab des ja gernn, des wilde, des ursprünglische, natürlische raaaw.”
Dann erzählte er mir noch stolz wie Oskar wie er einmal paar Scheine in viele Münzen umgewandelt hatte und als die Kinder zu ihm kamen und “reicher Weisser Mann” schrien, die Münzen in die Luft geworfen habe und die Kinder hätten gekreischt und gelacht, glücklich seien sie gewesen, wie sonst kaum, im Geldregen und sie sind um ihn rumgekrochen um das Geld aufzuheben. “Isch mein des warn umgrechnet vielleicht zwei Euro. Des isch ja nix für misch, aber die ham sisch gfreit, da fühlt ma sisch halt dann gleisch bessa, wemmer denne so leischt helfe kann.” Und dann erzählte er mir von den Tänzen, und erzählte mir von den Farben, und von der Korruption. Und dann erzählte er mir, er kenne sich aus in Afrika, er sei ja auch schon auf dem Kilimanjaro gewesen. Und dann erzählte er mir von den wilden Tieren und den wilden Menschen. Und dann von den schönen Frauen. und dann von den armen Kindern. Und dann vom Kilimanjaro und dann wie sehr ihn Afrika berührt hätte. Und dann, dass sein Lieblingslied “Africa” von Toto sei. Und dann fragte er, wo ich denn herkäme. Denn er sei ja auch schon auf dem Kilimanjaro gewesen.
Man sieht, es war ein sehr langes Gespräch, denn nachdem er mir seine fünf Erlebnisse geschildert hatte, in denen er in seinem erfahreneren Leben auf Schwarze getroffen ist, musste ich ihm natürlich auch die paar Zusammentreffen mit Weissen erzählen, die ich in meinem Leben hatte. Vom Thomas zum Beispiel, der mich so cool fand. Und sagte “du bist so cool, darf ich mal deine Haare anfassen?”. Und wie er mir, als wir uns verabschiedeten seine Faust hinstreckte und sagte “Tschüss, Sister” und ich die Faust erwiderte, ich mein für mich war ja nix aber es hat trotzdem gut getan ihm den Umgang mit Schwarzen so leicht zu machen und zu sehen, wie er sich gefreut hat.
Manchmal fühlt es sich an, als hätten alle Menschen um mich herum im Kindergarten das selbe Kinderbuch über Afrika vorgelesen bekommen…:
Guck! Das ist ein Löwe. Raaaaar. wie macht der Löwe?
raaaaar!
Richtig! Und das…ist ein Elefant: wie macht der Elefant?
Törööööööö!
Richtig! Und das ist ein Afrikaner! Wie macht der Afrikaner?
Lulululululululluluulu!
Nein. Das waren die Indianer. Wie machen die Afrikaner?
[schnalz]
Richtig! Gut gemacht. Und jetzt, sprich mir nach:
Die armen beschnittenen Frauen!
Die armen hungernden Kinder!
Die armen schiessenden Kindersoldaten!
Die armen Aids-kranken Männer!
Die armen Aids-kranken Frauen,
die von ihren wilden Männern vergewaltigt wurden!
Die armen Fledermäuse, die da gegessen werden!
Das arme Afrika.
Die Kinder in Afrika sind glücklich, obwohl sie nichts zu essen haben!
Die Kinder in Afrika freuen sich, wenn wir unser essen brav aufessen
Und wir können uns glücklich schätzen,
dass wir hier sind. Und nicht da.
Ich mein, ich mag das ja das wilde ursprüngliche natürliche, aber damit baut man halt auch keine Autos. Ich mein, das ist schon auch Hochkultur was wir hier haben, da kommen die vielleicht in ein paar Jahren erst noch hin. Zum Auto bauen zum Beispiel braucht man Expertise! Knowhow! Präzision! Alles deutschen Tugenden!…..und Rohstoffe..
Rohstoffe gibt es wiederum wieder, manchmal in Afrika.
Wir helfen denen.., und dafür, kriegen wir halt Rohstoffe.
Wir können damit ja auch umgehen.
Das ist ja das schöne an der freien Marktwirtschaft: Man hilft sich gegenseitig!
Und obwohl wir denen da drüben helfen, fliehen die alle hierher!
Das versteh ich nicht. Wahrscheinlich, um Weihnachten zu feiern. Denn in Afrika wissen sie manchmal nichteinmal, dass Weihnachten ist.
„doo they knooooowhoooo? Do they know it’s Christmas time..?.“
Und irgendwann. Wenn sie aufhören da drüben, sich die Köpfe einzuschlagen, wie auch wir im Mittelalter damit aufgehört haben, dann geht es auch da bergauf.
Was mir Deutschland nicht erzählt hat? Die Geschichte mit den Kolonien..wie war das nochmal genau? Genau weiss ich das leider selbst nicht, kam ja in der Schule nich dran.
Einmal traf ich eine Oma. Es war Sommer. Es war heiss. Sie smalltalkte mit mir über das Wetter, wie das Omas so machen. sie jammerte über die Hitze, schaute mich an und sagte: „Aber Sie, Sie sind das ja sicher schon gewohnt, die Hitze nicht war?
Ja. Ich bin die Hitze gewohnt.
Und auch das Bild von Afrika.
Deutschland ist seit jeher innovativ. Stark! eine produktive Nation.
Produktiv in den Bildern die es kreiert und reproduziert vom primitiven Anders.
Und stark in Entwicklungshilfe, die zum Glück entwickelt.
Und Volunteers! Ein Hoch auf die Volunteers!
Kolonien? Haben wir nicht mehr. Aber Neger. die gibt es noch.
In unseren Köpfen. nämlich.
Vielleicht brauchen wir dazu hier ja Missionare, Entwicklungshelfer, und Geduld.
Vielleicht sind wir ja dann irgendwann so weit..
Friedensgedicht
Oh Waschengel des Friedens
Wasch die Westen weiß
sodass nur noch der weiß,
– wer aber schuld ist, wer aber angefangen hat und aber bääääääääh-
der es am besten weiß – w.t.a
und der rest kann weich
in deiner sauberen friedenswolle liegen
und sich nicht mehr in die wolle kriegen.